Kochbuch-Entdeckungen abseits der großen Kochbuch-Verlage

Kochbücher gibt es wie Sand am Meer. Richtig gute schon viel weniger. Wir haben uns ein wenig mit der Frage beschäftigt, wie man gute Kochbücher findet. Und haben auch gleich ein paar Vorschläge …

Kochbuch-Autoren und Verlage haben es schwer: Die Konkurrenz ist immens, kreative bis marktschreierische Konzepte für neue Kochbücher überschlagen sich regelrecht – obwohl es eigentlich nur darum geht, Rezeptsammlungen an den Mann oder die Frau zu bringen.

Doch angesichts der Vielzahl an Kochbüchern reicht es schon lange nicht mehr, einfach nur gute Rezepte zu veröffentlichen. Denn woher sollen die potenziellen Käufer wissen, in welchem Buch gute und in welchem die weniger guten Rezepte stecken?

Was ist wirklich gut und was ist nur Effekthascherei?

Ich verfolge den Kochbuchmarkt nicht intensiv, deshalb bin ich eher ein normaler Konsument: Ich bin überfordert und kann auch anhand der Aufmachung der Kochbücher und der Kurzbeschreibung längst nicht mehr entscheiden, was wirklich gut oder was nur Effekthascherei ist; wo sich ein Verlag nur des Namens eines illustren Starkochs bedient oder wo ein wirklich schlaues, durchdachtes Konzept dahintersteckt.

Deshalb: Kochbücher am besten in der Buchhandlung kaufen. Durchblättern und sich in ein paar Rezepte hineinlesen um zu sehen, ob es durchdacht ist und die entscheidenden Tricks herausarbeitet; oder nur das immer gleiche Standardrezept mit ein paar netten Food-Fotos ist, das schon in zig anderen Kochbüchern nicht so richtig funktioniert hat.

Die wirklich guten Kochbücher findet man oft durch Zufall; oder auch, weil man irgendwann den einen oder anderen Verlag entdeckt hat, der Wert auf Qualität legt.

Als Food-Blogger hat man es da etwas leichter. Denn hin und wieder bekommt man ungefragt Kochbuch-Neuerscheinungen zugeschickt. Der Verlag hofft, dass man sich damit beschäftigt und sie vorstellt. Das führt natürlich zumindest dazu, dass man sich diese Kochbücher genauer ansieht – selbst wenn sie einen beim Blick aus Cover nicht sofort begeistern.

Denn oft sind es nicht die für Kochbücher bekannten Verlage mit enormem Output an neuen Büchern jedes Jahr. Sondern es sind solche, die nur Bücher verlegen, bei denen der oder die Verlagsleiter/in begeistert und überzeugt von der Qualität sind.

Die Geheimnisse der vietnamesischen Küche
Die Geheimnisse der vietnamesischen Küche (Bild: Verlag Antje Kunstmann)
(Bild: Antje-Kunstmann-Verlag)
Salz Fett Säure Hitze (Bild: Verlag Antje Kunstmann)
Ramen für alle! (Bild: Verlag Antje Kunstmann)

Das beste Beispiel ist der Münchner Verlag Antje Kunstmann. „Salz Fett Säure Hitze“ von Samin Nosrat haben wir hier bei cooktaste.de schon vorgestellt. Es ist – wie ich finde – eines der besten Kochbücher aller Zeiten. Kim Thuys „Das Geheimnis der vietnamesischen Geschichte“ ist ein weiteres Beispiel, mit wie viel Herzblut und Akribie sich der Verlag nur die besten und spannendsten Autoren herauspickt.

„Ramen für alle!“ von Hugh Amano und Sarah Becan

Und dann liegt da schon seit einer ziemlichen Weile ein Kochbuch des Verlags Antje Kunstmann auf meinem Schreibtisch, bei dem ich es nicht geschafft habe, es ausführlicher vorzustellen, obwohl es mich sehr beeindruckt: „Ramen für alle!“ von Hugh Amano und Saran Becan.

Schnibbeln, kochen, rühren, würzen, fertig ist die Suppe. Ja, aber eben Suppe und kein Ramen. Denn wie vieles in der japanischen Küche sind auch Ramen ein ganzes Universum für sich. Das macht es für Hobbyköche sehr schwer, sich diese Welt zu erschließen. Die Komplexität erschlägt einen regelrecht. Immer, wenn man einen vermeintlich großen Schritt vorwärts gemacht hat, merkt man, dass man bestenfalls ein wenig an der Oberfläche gekratzt hat.

„Ramen für alle!“ kann das fremdländische Universum namens „Ramen“ natürlich auch nicht von heute auf morgen in ein vertrautes Familienrezept von Großmutter verwandeln. Aber es hat ein sehr ungewöhnliches Konzept gefunden, die Kunst des Ramen-Kochens zugänglich zu machen.

In dem Buch gibt es kein einziges Foto, dafür aber zahllose Zeichnungen. Text und Bilder sind gleichwertig wichtig. Die Bilder illustrieren Arbeitsschritte sehr anschaulich. Auch wenn die Comic-artige Aufmachung des Buchs anfangs seltsam wirkt – es ist genau die richtige Methode, um dem Leser die komplexe Aromenwelt von Ramen zu erschließen.

Dem Kochbuch gelingt beides: Ramen-Rezepte so zu präsentieren, dass man sie ohne große Einarbeitungszeit nachkochen kann – wenn auch mit etwas Arbeitsaufwand, weil gute Ramen einfach nicht in 20 Minuten gut werden. Und es gelingt, ein tiefes Verständnis für die Tiefe und Komplexität richtig guter Ramen zu wecken und vermittelt die Grundideen, die eigene Variationen ermöglichen.

Inzwischen gibt es von den gleichen Autoren mit gleichem Konzept auch „Dumplings für alle!“ (bezahlter Link) für asiatische Teigtaschen.

Ramen für alle!

Ramen für alle! (Bild: Verlag Antje Kunstmann)
Ramen für alle! (Bild: Verlag Antje Kunstmann)

Lieblingsgerichte und Schwarzwald-Kuchen …

Seelenfutter! (Bild: team tietge)

Zwei weitere Kochbücher auf meinem Schreibtisch stammen von einem Verlag, der das Zeug hat, etablierten Kochbuch-Verlagen in Sachen Inhalt und Qualität ein paar Kunden abzunehmen. Das „team tietge“ ist ein kleines Unternehmen, das man am besten als Kommunikationsagentur beschreibt. Die Leute dort machen Marketing-Konzepte und Suchmaschinen-Optimimierung, sind Content- und Design-Dienstleister, publizieren Zeitschriften und verlegen nebenbei auch noch das eine oder andere Kochbuch – das dann eben eher Herzensangelegenheit ist und entsprechend überzeugt.

„Seelenfutter“ von Ronny Lolls

Der Untertitel von Ronny Lolls „Seelenfutter“ klingt ein wenig dick auftragen: „Auf der Suche nach gekochtem Glück und echten Lieblingsgerichten“. Ein Vorwort von Sarah Wiener deutet dann allerdings schon darauf hin, dass da mehr drinsteckt als ein knackiger Marketingspruch am Titel.

Blättert man ins Inhaltsverzeichnis, liest man noch mehr ehrfurchtsgebietende Namen: Lucki Maurer, Veronique Witzigmann, Harald Wohlfahrt beispielsweise … In der Einleitung schreibt Ronny Loll: „Seelenfutter ist der heilige Gral für uns Köche. Es sind nicht die Schäumchen, Türmchen und Lüftchen. (…) Was trifft uns denn wirklich ins Herz: Ein initiiertes Feuerwerk aus Aromen? Oder sind es doch eher Omas Quarkbällchen?“

Und damit dann eigentlich auch schon alles gesagt über dieses Kochbuch. Denn dem Autor ist es gelungen, genau solche Seelenfutter-Rezepte bei mehr als 15 Starköchen einzusammeln. Vor allem aber: Es ist keine dieser eher lieblosen Rezeptsammlungen, die sich einfach mit ein paar großen Namen schmückt. Jedes Rezept hat eine kleine Geschichte und die Köche verraten, was die Gerichte wirklich gut und besonders macht.

Es sind Rezepte aus der ganzen Welt, die zusammengenommen ein Kochbuch ergeben, das man komplett, von vorne bis hinten, durchkochen will. Kaum mal exotische, schwer zu bekommende Zutaten, keine komplexen Arbeitsschritte, die nur Profis wirklich gut hinbekommen, keine ethisch bedenklichen Zutaten. Kurz: Königsberger Klopse auf Sterne-Niveau ohne das Sterne-Chichi …

Seelenfutter!

Seelenfutter! (Bild: team tietge)
Seelenfutter! (Bild: team tietge)
Schwarzwald Reloaded 3 (Bild: team tietge)

„Schwarzwald Reloaded 3“ von Ulf Tietge und Lisa Rudiger

Wie passt etwas gefühlt so Altmodisches wie „Schwarzwald“ mit „Reloaded 3“ zusammen? Erst Recht, wenn man das Buch dann noch als „Schwarzwälder Heimat-Backbuch“ bezeichnet?

Es ist ein Backbuch mit Kuchen-, Torten- und Gebäck-Klassikern, die wir größerenteils von früher kennen – so etwas wie Schwarzwälder Kirsch, Linzer Torte, Bienenstich, Erdbeer-Rolle, Mini-Guglhupf und viele andere. Es ist keines dieser Kochbücher mit jeder Menge Neuerfindungen, bei denen man denkt: „cool, klingt irgendwie witzig“ – sich dann aber insgeheim nach etwas Leckerem, Vertrautem sehnt. Und es ist keines in Dr. Oetkers altmodischem „Man nehme“-Stil mit Arbeitsschritten, die eine hauswirtschaftliche Ausbildung wie selbstverständlich voraussetzen. Sondern vernünftig zu Hause umsetzbar, auch für Menschen, deren Hauptberuf nicht Konditor oder Hausfrau ist.

Und dann, Überraschung, enthält das Schwarzwald-Backbuch noch einen Abschnitt „Lisas Backschule“ mit genau dem Grundwissen und den Grundrezepten, die fast alle anderen Backbücher voraussetzen. Und so trivial es klingt: Ein guter Kuchen steht und fällt oft damit, dass man den Eischnee richtig schlägt. Kein Hexenwerk, aber ein paar Tipps dazu schaden nicht. Genau wie die Rettungs-Tipps, wenn mal etwas schiefgegangen ist.

Das Buch enthält noch eine weitere, kleine Überraschung: einen kleinen Abschnitt mit herzhaftem Gebäck. Und es ist schön, dass die Grenzen des Schwarzwalds dabei überschritten werden. Ganz nebenbei bäckt man damit dann eine ziemlich perfekte Pizza, Focaccia, Grissini oder Maisbrot.

Was ist daran also „Reloaded“? Es ist der Ansatz, Bekanntes und Bewährtes neu zu betrachten, für den modernen Menschen anzupassen, der Freude am Backen hat, ohne sich gleich bei Enie van de Meiklokjes für „Das Große Backen“ bewerben zu wollen. Sehr gelungen, würde ich sagen. „Reloaded 3“ heißt das Buch übrigens, weil es mit „Schwarzwald Reloaded“ und Schwarzwald Reloaded II“ schon zwei Bände gibt, mit neu interpretierten, Schwarzwälder beziehungsweise deutschen Rezepten.

Schwarzwald Reloaded 3

Schwarzwald Reloaded 3 (Bild: team tietge)
Schwarzwald Reloaded 3 (Bild: team tietge)

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Anmerkung*: Wir haben die im Beitrag angesprochenen Kochbücher (mit Ausnahme von: Salz. Fett. Säure. Hitze.) vom jeweiligen Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar erhalten.
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