Wasserburger Bier-Katakomben

Teilweise über 200 Jahre als sind die Wasserburger Bier-Katakomben. Sieben der Sommerbierkeller können heute noch besichtigt werden.

Blick vom Kellerberg auf Wasserburg am Inn
Blick vom Kellerberg auf Wasserburg am Inn

Wasserburg – eine Bierstadt? Bis in die heutige Zeit hat leider keine der Brauereien überlebt, in der Blütezeit gab es jedoch 15 Brauereien in Wasserburg. Nur die Landeshauptstadt München konnte noch mit mehr Brauereien dienen jedoch bei einer deutlich höheren Einwohnerzahl (100.000 in München, 2.500 in Wasserburg). Zwischen Georgi am 23. April und Michaeli am 29. September galt das kurfürstliche Brauverbot. Die warmen Temperaturen hätten dazu geführt, dass das Bier schnell sauer wird. Gebraut wurde daher nur in der Winterzeit – das Winterbier für den sofortigen Verzehr und das stärker eingebraute, doppelt gehopfte Sommerbier.

Um das Sommerbier ohne moderne Kühlanlagen oder Eis lange kühl zu halten wurde der Wasserburger Kellerberg am Südufer des Inns mit bis zu 100 m langen Kellner ausgebaut. Sieben der bis zu 20 Keller (einige auch auf der Wasserburger Halbinsel in der Altstadt) sind heute liebevoll restauriert und können besichtigt werden (Gruppenführungen nach Voranmeldung und öffentliche Führungen zu bestimmten Terminen). Der Bau der Sommerbierkeller begann im Jahr 1785 und dauerte bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Keller wurden bis zur Schließung der Brauerei Bruck-Bräu im Jahr 1977 sowie der Schließung der letzten Wasserburger Brauerei Fletzinger-Bräu im Jahr 1994 weiter genutzt.

Nicht nur gelagert wurde hier Bier, auch Teile des Brauprozesses und die Filtrierung und Abfüllung fand in den Kellern statt. Erst die Erfindung eines Wasserburgers, Lorenz Adalbert Enzinger, brachte den Durchbruch bei der Haltbarkeit des Bieres. Enzinger erfand 1879/1880 den Bierfilter, mit dem Trübstoffe und Hefepartikel herausgefiltert werden konnten. Bis heute ist die Fa. Enzinger in Mannheim im Brauwesen bekannt.

Später wurde mit Eis gekühlt – erst dem aus Seen und von Gletschern mühsam herausgesägten Eis, dann mit Stangeneis der Fa. Linde. Mit der Einführung des elektrischen Stroms kam auch die elektrische Kühlung. Die ganzjährig nur 6°C frischen Keller waren damit überflüssig und wurden teilweise zweckentfremdet.

1995 begann Witgar Neumaier sen. die Geschichte der Sommerbierkeller zu erforschen und gründete bald die Kellerfreunde, die sich auch heute noch liebevoll um den Erhalt der Bierkeller kümmern. Die sieben noch erhaltenen Bierkeller sind der Adam-Gräf-Keller, der Gerbl-Keller, der Klement-Stechl-Keller, der Johann-Baptist-Enzinger-Keller, der Andrä-Niggl-Keller, der Jakob-Beer-Keller und der Franz-Gassner-Keller. Die vorderen Kellerbereiche mit den Eingangshäusern sind bis auf ein letztes dem Bau des Parkhauses Kellerstraße zum Opfer gefallen. Dank der Kellerfreunde wurden die abgebrochenen Bereiche jedoch umfangreich fotografisch und filmerisch dokumentiert.

Treffpunkt für die Führungen ist das Gebäude des ehemaligen Bruck-Bräu. Die Führung beginnt mit einer ca. 40 minütigen, aber sehr kurzweiligen Multi-Media-Show zur Entstehung und Geschichte der Keller. Anschließend geht es um die Ecke, am Parkhaus vorbei zum Eingang in den ältesten, den Adam-Gräf-Keller. Die Keller sind zwar inzwischen auch elektrisch beleutet, um das Gefühl der damaligen Arbeitsbedingungen widerzuspiegeln, gibt es für die Führung jedoch nur Kerzenlicht (und ein paar starke Taschenlampen der Führer). Eine gute Dreiviertelstunde dauert die Führung, bei der eine entsprechende Bekleidung dringend angeraten ist. Am Ende demonstrieren die Mitglieder der Kellerfreunde in historischen Kostümen, das Abfüllen der Fässer und deren händischen Transport, wie in diesem Video der Kellerfreunde von Barth TV:




Auch wenn die Führung mangels noch aktiver Brauerei nicht mit einer Kostprobe endet, ist es lohnenswert dieses Kleinod der Brauereigeschichte zu besuchen.

Wir bitten, die mäßige Fotoqualität zu entschuldigen, aber alle Fotos entstanden ohne Blitz und ohne Stativ während einer Führung.

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