Whisky aus Bayern? Das kauft doch keiner! – So und ähnlich reagierten die Banken, als die Brüder Florian und Anton Stetter Ende der 1990er ihren Business-Plan für eine Whisky-Destillerie im bayerischen Schliersee vorstellten. Das ist nur eine Anekdote, die Inhaber Anton Stetter auf seiner Führung erzählt. Aber zurück zum Anfang.
Anlässlich einer Veranstaltung der IHK München und Oberbayern und der IHK Schwaben hatte Cook & Taste die Gelegenheit, die Destillerien Lantenhammer und Slyrs in Hausham und Schliersee mit privaten Führungen näher kennen zu lernen.
1928 gründeten Amalie und Josef Lantenhammer in der Miesbacher Straße in Schliersee ihre Enzianbrennerei, die sie jedoch zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zunächst schließen mussten. Erst im Jahr 1948 gründete Josef Lantenhammer den Betrieb neu. Die beiden nachfolgenden Generationen bauten den Betrieb aus. Seit Juni 2014 befindet sich die Erlebnisdestillerie Lantenhammer in Hausham. Der klassische Enzian wird immer noch produziert. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf Edelbränden und Liqueuren aus Obst und Beeren. 2011 kam mit „Bavarka“ ein erster Vodka ins Sortiment, das nun auch zahlreiche Gins benannt nach dem Großvater Josef umfasst. Vor zwei Jahren kam mit „Rumult“ noch ein Rum dazu.
Der Neubau in Hausham ist der Regionalität und Tradition verpflichtet, setzt aber dennoch moderne Akzente, erzählt Destillateurmeister Tobias Maier bei seiner Führung. Der dunkel gefärbte Beton aus Bayern wird mit einheimischen Holz kombiniert. Handwerksbetriebe aus der Region wurden für den Bau verpflichtet. Die Regionalität und Nachhaltigkeit geht bis hin zur E-Tankstelle mit einem Elektro-Auto aus bayerischer Produktion. „Erlebnisdestillerie“ ist wörtlich zu verstehen: Neben dem liebevoll gestalteten Verkaufsraum im Erdgeschoss gibt es im Obergeschoss eine Probierstube mit einer Galerie, von der aus die Brennerei überblickt werden kann.
Im Rahmen einer privaten Führung mit Destillateurmeister Tobias Maier bekamen wir einen etwas intensiveren Einblick in die Destillerie. Beeindruckend sind die großen Steingutbehälter, in denen die Edelbrände über mehrere Jahre hinweg lagern. Diese Behälter werden nicht mehr hergestellt und es gehört viel Glück dazu, in alten Scheunen versteckte Exemplare noch aufzufinden. Vergoren wird in großen Edelstahltanks. Gebrannt wird das vollreife Obst in klassischen Kuperkesseln.
Erst seit zwei Jahren wird mit Rumult auch ein eigener Rum produziert. Das Besondere an diesem Rum ist sein Ausgangsprodukt – Zuckerrohrsaft aus Mauritius, weshalb er den Zusatz „Agricole“ tragen darf. Heute ist Ausgangsprodukt für die meisten Rums aus der Karibik Melasse, die eigentlich ein Abfallprodukt aus der Zuckerproduktion aus Zuckerrohr darstellt. Anschließend wird der Rum in Holzfässern aus amerikanischer Weißeiche gelagert, die in Kentucky in den USA hergestellt werden. Dadurch erhält der Rum seine Farbe und seinen Geschmack. Verwendet werden dabei gebrauchte Fässer unterschiedlicher Herkunft und auch bekannte Namen sind hier zu finden. Ein Rum nach unserem Geschmack, der nahe an unseren Favoriten John Watling´s aus Nassau herankommt.
Seit 2007 befindet sich die Slyrs Whisky Distillery im Ortsteil Neuhaus in Schliersee. Doch wie kam es zum Bavarian Single Malt? 1994 reiste Florian Stetter nach Schottland. Was die Schotten können, können die Bayern auch. Mit der Geschäftsidee konnten die Stetter-Brüder bei den Banken nicht punkten und gründeten schließlich die SLYRS Destillerie GmbH & Co. KG finanziert mit Geldbeiträgen aus der Verwandschaft, erzählt Anton Stetter.
1999 wurde der erste Whisky noch bei Lantenhammer destilliert. Die Destillerie kann sowohl in Eigenregie (self guided mit schönen Schautafeln) als auch im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Beeindruckend ist natürlich das große Fasslager mit den Eichenholzfässern aus amerikanischer Weißeiche, in denen der Whisky mindestens drei Jahre reifen muss. Im zweiten Lagerraum reifen die Spezialitäten in verschiedenen gebrauchten Fässern – Sherry, Madeira und mehr ist zu finden.
Mit dem nötigen Kleingeld kann man sich sein eigenes Fass (Private Cask) kaufen und nach Belieben lagern lassen. Der Name Slyrs leitet sich von dem Namen des 779 gegründeten Klosters ab, das dem See und der Region den Namen gab, und wird eigentlich Schliers ausgesprochen. Das jüngste Kind ist der Sylter Whisky „Sild“, der auf einem Fischkutter aus dem Jahr 1946 im Hafen von List reift.
Im großen Fasslager geht es hoch in das Obergeschoss mit der Probierstube, die auch für Veranstaltungen genutzt wird. Ich muss allerdings gestehen, dass ich kein Single-Malt- sondern ein Kentucky-Bourbon-Fan bin. Das Treber-Brot aus dem vergorenen Gerstenmalz war hingegen mehr mein Geschmack.
Neben der Destillerie gibt es seit einigen Jahren das Slyrs Caffee & Lunchery, ein Café-Restaurant mit Terrasse und herrlichem Blick auf den Wendelstein. Das Angebot an hausgemachten Kuchen wird ergänzt durch weitere regionale Produkte, wie Kaffee aus der Kaffeerösterei Dinzler am Irschenberg.
Beide Destillerien bieten unterschiedliche Führungen mit und ohne Verkostung an. Nähere Informationen zu den Führungen finden sich auf den jeweiligen Websites.