Feiner Panettone mit (relativ) wenig Aufwand

Einen guten Panettone zu backen, gehört zu den wirklich anspruchsvollen Vorhaben. Denn es erfordert viel Vorbereitungszeit und Geduld. Trotzdem habe ich keine Lust, einfach einen fertigen Panettone im Laden zu kaufen. Dieses Rezept ist ein kleiner Kompromiss: Das Ergebnis ist definitiv besser als ein gekaufter Panettone, hält sich beim Aufwand aber relativ in Grenzen. „Relativ“ deshalb, weil man dennoch knapp zwei Tage damit beschäftigt ist …

Es fängt damit an, dass man für einen Panettone Lievito Madre braucht. Eine traditionelle, italienische Hausfrau pflegt diese italienische Variante des Sauerteigs natürlich. Aber für einen normalen Haushalt ist das kaum zu bewältigen, schon weil man den Lievito Madre im Verhältnis zum Aufwand zu selten benutzt. Die Lösung bietet bon’gu: Der Online-Versand hat mit „Madre di Lugano“ (leider nicht mehr im Angebot; ungetestete Alternative: Lievito Madre von Spiegelhauer) einen Trockensauerteig im Angebot, das nur über Nacht gären muss, um schon am nächsten Tag wie Lievito Madre verwendet zu werden.

Vorbereitung vor der Vorbereitung …

Das Rezept erfordert ein paar ungewöhnliche Hilfsmittel, die man sich besorgen sollte, bevor man loslegt:

  • einen Braten-Thermometer mit Kabel- oder Funk-Sensor, damit man die Kern-Temperatur des Panettone im Ofen kontinuierlich überwachen kann.
  • eine Möglichkeit, den Teig bei gleichbleibend rund 26 Grad Temperatur gehen zu lassen (Tipps dazu unter dem Rezept).
  • Panettone-Formen aus Backpapier für 500g-Panettone – selbst gebastelt oder fertig gekauft.
  • Nach dem Backen muss der Panettone kopfüber aufgehängt werden. Dafür braucht man lange Metall-Stricknadeln, lange, dünne Fleischspieße oder Ähnliches und eine Vorrichtung, auf der diese Spieße links und rechts aufliegen und der Panettone in der Mitte hängen kann. Bei mir hat diesen Zweck eine recht hohe Obstkiste erfüllt.

Die Fotos zum Rezept zeigen, dass es nicht ganz einfach ist, den Panettone auch optisch optimal hinzubekommen – bei mir ist er ein wenig eingefallen, statt diese typische Kuppel auszubilden. Geschmacklich ist er dennoch wunderbar und auch sehr luftig-locker. Beim nächsten Mal habe ich den Teig etwas fester gemacht (angepasste Mehlmenge ist im Rezept unten natürlich schon berücksichtigt) – dann war’s perfekt.

Panettone

Vorbereitungszeit 1 day 16 Stunden
Zubereitungszeit 4 Stunden
Gesamtzeit 1 day 20 Stunden
Portionen 3 Panettone á 500g
Autor Franz

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Zutaten

Lievito Madre

  • 10 g Trockensauerteig "Madre di Lugano" (anderer Trockensauerteig eignet sich nicht!)
  • 125 g italienisches 00er-Mehl (alternativ 550er-Weizenmehl)
  • 125 g 550er-Weizenmehl
  • 250 g lauwarmes Wasser (max. 28 Grad)

Mix Aromatico

  • 30 g Agavendicksaft (alternativ: Akazien-Honig)
  • 2 Vanilleschoten
  • 1 Bio-Zitrone
  • 1 Bio-Orange
  • 0,2 g Safran-Fäden (optional)

Trockenobst

  • 140 g Rosinen
  • 120 g Trockenkirschen oder Cranberries (traditionell statt dessen: je 60g Zitronat und Orangeat)
  • 8 cl Rum (optional)

Vorteig

  • 220 g Sauerteigansatz
  • 180 g 550er-Weizenmehl
  • 180 g italienisches 00er-Mehl
  • 95 g Wasser
  • 4 Eigelb (von mittelgroßen Eiern)
  • 85 g Zucker
  • 90 g weiche Butter (am besten mehrere Stunden vor dem Verarbeiten aus dem Kühlschrank nehmen)

Hauptteig

  • 185 g 550er-Weizenmehl
  • 60 g Milch
  • 30 g Zucker
  • 10 g Akazien-Honig
  • 3 Eigelb (von mittelgroßen Eiern)
  • 8 g Salz
  • 90 g weiche Butter (am besten mehrere Stunden vor dem Verarbeiten aus dem Kühlschrank nehmen)
  • 25 g flüssige Butter (zum Bestreichen des Panettone-Teigs vor dem Backen)

Anleitungen

Lievito Madre (am Vortag)

  • Mehl und Trockensauerteig vermischen, dann mit Wasser gut verrühren. Das Wasser sollte 26 bis 28 Grad warm sein, auf keinen Fall wärmer als 30 Grad.
  • Teigansatz idealerweise in ein schlankes, hohes Glas füllen und lose abdecken, aber nicht fest verschließen. Das Gefäß muss so hoch sein, dass der Teig auf das dreifache Volumen aufgehen kann, ohne überzulaufen.
  • Über Nacht 14 bis 16 Stunden bei 28 bis 30 Grad gären und aufgehen lassen.

Mix Aromatico (am Vortag)

  • Agavendicksaft in eine kleine Glasschüssel geben. Mit ausgekratztem Vanille-Mark, dem Schalenabrieb von Zitrone und Orange sowie ggfs. den Safranfäden verrühren.
    Mix Aromatico
  • Mit Frischhaltefolie abgedeckt über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen.

Trockenobst vorbereiten (am Vortag)

  • Cranberries oder Trockenkirschen in kleinere Stücke schneiden, etwa in die Größe der Rosinen
  • geschnittene Cranberries oder Kirschen zusammen mit den Rosinen in eine Glas- oder Metallschüssel geben und mit dem Rum übergießen, 20 Minuten ziehen lassen. (bei der Variante mit Kirschen schmeckt auch ein kräftiger Kentucky Bourbon sehr gut).
  • Mit kochendem Wasser übergießen, sodass das Trockenobst gerade so bedeckt ist. Abdecken und eine halbe Stunde lang ziehen lassen.
  • Flüssigkeit vollständig abgießen, Trockenobst auskühlen lassen, dann mit Frischhaltefolie abdecken und über Nacht im Kühlschrank aufbewahren.
    Rosinen und Kirschen

Vorteig

  • Alle Zutaten bis auf die Butter verkneten (im Thermomix: 30 Sekunden / Knetstufe).
  • Butter dazugeben. Der Teig muss nun sehr gut durchgeknetet werden, bis er sehr elastisch ist und kaum noch klebt. Dabei sollte der Teig nicht wärmer als 26 Grad werden, da er sonst an Triebkraft verliert und wegen der Butter auch recht schmierig würde.
    Am besten kontrolliert man die Teig-Temperatur daher mit einem Sensor-Thermometer, den man direkt in den Teig stecken kann. Wird der Teig zu warm, stellt man ihn für 10 Minuten in den Kühlschrank, bevor man weiter knetet. Gut geeignet sind auch Kühlpacks, die man außen an die Schüssel packt.
    Das Kneten dauert von Hand oder in einer normalen Küchenmaschine 30 bis 40 Minuten. (im Thermomix: insgesamt fünf Mal je 2 Minuten / Knetstufe, dazwischen Mixtopf gegebenenfalls - Temperatur messen - jeweils für 15 Minuten in den Kühlschrank stellen oder von außen mit Kühlpacks kühlen.)
    Temperatur-Kontrolle beim Kneten
  • Den fertig gekneteten Teig in einer Schüssel abgedeckt bei 26 Grad mindestens vier Stunden aufgehen lassen. Er sollte sein Volumen verdreifachen. Falls das nach vier Stunden noch nicht geschehen ist, Gärzeit entsprechend verlängern. Geduld ist hier wirklich wichtig.

Hauptteig

  • Den aufgegangenen Vorteig mit der Hälfte des Mehls für den Hauptteig verkneten (im Thermomix: 1 Minute / Knetstufe).
  • Mit Ausnahme der Butter alle weiteren Zutaten für den Hauptteigs und den Mix Aromatico hinzugeben und verkneten (im Thermomix: 30 Sekunden / Knetstufe).
  • Dann das restliche Mehl und die Butter dazu geben.
  • Der Hauptteig muss nun - wie schon der Vorteig - sehr gut durchgeknetet werden, bis er sehr elastisch ist und kaum noch klebt. Erneut sollte der Teig dabei nicht wärmer als 26 Grad werden - also erneut zwischendurch kühlen und insgesamt das gleiche Knet-Verfahren wie beim Vorteig anwenden.
  • Das am Vortag eingeweichte Trockenobst aus dem Kühlschrank holen und mit Mehl bestäuben, bis es sich nicht mehr feucht anfühlt. So lässt sich das Obst besser in den Teig einkneten.
    Trockenobst am besten manuell einarbeiten
  • Das mit Mehl bestäubte Trockenobst am besten von Hand vorsichtig in den Teig einkneten (jedenfalls nicht im Thermomix, da die Messer das Trockenobst zerkleinern würden).
  • Den Teig in drei gleiche Teile aufteilen und mit leicht gebutterten Händen (dann klebt es weniger) zu Kugeln formen. Dafür zieht an den Teig leicht auseinander und faltet ihn zusammen. Das wiederholt man einige Male, jeweils um 90 Grad gedreht. Dann lässt man den Teig ein paar Minuten ruhen und wiederholt den Vorgang noch zweimal.
  • Die Teig-Kugeln mit der glatten, kuppelartigen Seite nach oben in je eine 500g-Panettone-Form legen und mit einem Tuch abdecken.
    Teig-Kugeln in der Panettone-Form
  • Mit einem Tuch oder Backpapier abgedeckt mindestens vier Stunden bei 26 Grad aufgehen lassen. Der Teig sollte sein Volumen wieder mindestens verdreifachen, letztlich also die Panettone-Formen komplett ausfüllen. Gegebenenfalls die Gehzeit entsprechend verlängern (bei mir dauert es deutlich länger als vier Stunden - ich lasse den Teig über Nacht gehen).
  • Die letzten 45 Minuten die Abdeckung entfernen, damit sich eine leichte Haut auf der Oberfläche bildet.
  • Backofen vorheizen auf 175 Grad Ober-/Unterhitze. (Umluft ist für Panettone ungeeignet!)
  • Panettone mit einer Rasierklinge kreuzweise einritzen und mit flüssiger Butter bestreichen. Hier sollte man sehr zügig und in warmer Umgebung arbeiten, damit der Panettone nicht zusammenfällt (lieber auf die Optik, sprich: das Einritzen verzichten und nur vorsichtig mit Butter bepinseln -- das Bild zeigt, wie die Optik leidet, wenn der Panettone in der Mitte einsinkt).
    aufgegangener Teig in der Form
  • Panettone in den Ofen schieben und Temperatur sofort auf 165 Grad reduzieren. Die Backzeit beträgt insgesamt etwa 40 bis 45 Minuten (wenn die Ofentemperatur wirklich genau 165 Grad beträgt).
    Achtung: Wenn der Panettone anfängt, braun zu werden, sollte man ihn mit einem Packpapier abdecken, damit er nicht zu dunkel wird.
    Temperatur-Kontrolle beim Backen
  • Nach 30 Minuten den Sensor des Thermometers genau in die Mitte des Panettone stecken und Backofen-Tür wieder schließen. Der Panettone ist fertig, wenn er eine Kerntemperatur von 94 Grad erreicht hat.

nach dem Backen

  • Der fertig gebackene Panettone ist sehr empfindlich und würde in sich zusammenfallen, würde man ihn einfach stehend auskühlen lassen. Deshalb treibt man nun direkt nach dem Backen ganz unten jeweils eine lange Metall-Stricknadel durch Backform und Teig und hängt den Panettone kopfüber auf (siehe Bild).
    kopfüber aufhängen
  • Der Panettone bleibt so für zwölf Stunden hängen.
    kopfüber aufhängen
  • In Cellofan eingepackt (Tipp: Bratschlauch) sollte der Panettone jetzt mindestens drei Tage, besser eine Woche ruhen, sodass sich sein ganzes Aroma entfalten kann. (Habe ich erwähnt, dass Geduld zu den großen Herausforderungen beim Backen von Panettone gehört?)
    Manchmal wird empfohlen, den Panettone vor dem Einpacken mit hochprozentigem Alkohol einzusprühen. Das soll die Haltbarkeit verbessern. Ich habe das noch nicht ausprobiert - bei mir wird Panettone ohnehin nicht alt ...
  • Wer's nicht erwarten kann: Anschneiden wirklich erst, nachdem der Panettone zwölf Stunden hängend ausgekühlt und nochmal ein paar Stunden gestanden ist.
    Dann zeigt sich das luftige, saftig-weiche Innere. Herrlich ...
    luftig und locker, wenn auch in der Mitte leicht eingefallen

Notizen

Rosinen, Zitronat und Orangeat sind die traditionellen Zutaten für den Panettone. Da Zitronat und Orangeat in unserer Familie aber nicht sonderlich beliebt sind, habe ich sie durch getrocknete Kirschen ersetzt, die sich dafür wunderbar eignen. Auch Cranberries sind eine schöne Variante. Ob traditionell oder in Abwandlung, ist persönliche Geschmackssache.

Eine der Herausforderungen beim Panettone ist, einen Raum mit gleichbleibend 26 Grad Temperatur zu haben. Der Lievito-Madre-Ansatz und später der Teig muss mehrfach stundenlang bei gleichbleibender Temperatur ruhen und aufgehen. Die Temperatur ist dafür entscheidend und sollte ziemlich genau 26 Grad oder ein, zwei Grad mehr betragen. Ist es zu kühl, geht der Teig nur sehr zögerlich auf. Ist es zu warm, leidet die Triebkraft in dem empfindlichen Teig erheblich. Ich habe mir vor einiger Zeit schon zum Brotbacken eine Gärbox gebaut, in der ich die Temperatur mit einem Thermostat und einer Wärmematte für Terrarien reguliere. Eine Anleitung für den Bau einer etwas kleineren Gärbox, die sich aber auch auf größere adaptieren lässt, in unserem Beitrag „Gärbox für Sauerteig selbst bauen„. Früher habe ich einfach einen Raum mit einem Heizlüfter auf Temperatur gebracht (und den Teig in einer Kunststoff-Box vor der Zugluft geschützt). Das geht, erfordert aber etwas Aufwand bei der Temperatur-Kontrolle und ist riskant, wenn der Teig unbeaufsichtigt über Nacht gehen muss.

Die Backform für Panettone hat auch nicht jeder zu Hause. Mithilfe eines Blumentopfs (zur Formgebung) und doppellagigem Backpapier kann man sich die Formen selbst basteln. Einfacher ist es, sie bei der Bestellung des Madre di Lugano bei bon’gu gleich mitzubestellen.

Nicht zuletzt erfordert das Kneten des Teigs viel Fingerspitzengefühl, weil er nicht zu warm werden darf.

Das Backen selbst ist ungewohnt, weil man den Garpunkt mit einem Thermometer bestimmt, damit der Panettone optimal saftig wird. Optimal ist dafür ein Thermometer mit Sensor am Kabel, sodass man den Sensor in den Teig stecken und die Temperatur dauerhaft von außen am Display ablesen kann.

Mit Panettone hat mir jegliche Erfahrung gefehlt, aber mein Ehrgeiz war geweckt – einfach, weil ich ihn so gerne esse, der gekaufte aber langweilig schmeckt und meist zu trocken ist. Ich habe mich deshalb für dieses Rezept von zwei recht unterschiedlichen Panettone-Rezept von Barbara und von Amelie leiten und inspirieren lassen. Ersteres hat mir den Weg zu einer sehr vereinfachten Panettone-Herstellung gewiesen, Letzteres in aller Ausführlichkeit beschrieben, worauf es beim Original-Panettone ankommt. Amelies Rezept zeigt zugleich auch auf, welch unglaublichen Aufwand man für einen absolut perfekten Panettone treiben kann …

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