In New Yorks Chinatown ist Essen nicht nur erstaunlich günstig, sondern auch reichlich lecker. Da lohnt es sich, ein wenig tiefer einzutauchen, unscheinbare Lokale auszuprobieren und die gut versteckten Restaurant-Geheimtipps von Chinatown zu erkunden.
Ich habe mir aus Tipps und Empfehlungen von Freunden, einheimischen Food-Blogs und teils eigener Erfahrung eine rund vierstündige Food-Tour in New Yorks Chinatown zusammengestellt und Anfang Oktober 2017 während einer Kreuzfahrt mit der Mein Schiff 6 ausprobiert.
Unsere Empfehlung: Beginne die Tour um 9 Uhr an der „Canal Street“-Station der Metro. Im Hotel oder am Kreuzfahrtschiff zu frühstücken kannst Du Dir dann definitiv sparen und der Andrang in manchen Lokalen, die wir besuchen, hält sich bei diesem Timing in Grenzen.
Die Tour beginnt in zwei chinesischen Bäckereien. Auf dem Weg liegt ein Supermarkt zum Bummeln und Staunen, denn Hühnerfüße und Peking-Enten sind noch die uns geläufigsten Waren dort. Wir besuchen in Essenspausen zwei buddhistische Tempel, den faszinierenden Columbus Park, probieren ganz ungewöhnliche Eiscreme-Sorten und essen zum Abschluss unglaublich leckere Peking-Ente im Straßenverkauf. Aber der Reihe nach …
Meine Empfehlung ist übrigens, die Tour nicht allein, sondern mindestens zu zweit zu machen – denn dann kann man mehr unterschiedliche Dinge probieren, ohne schon auf halber Strecke satt zu sein.
Egg Custard Tart – Tai Pan
Bäckereien gibt es in Chinatown an jeder Ecke. Tai Pan soll die beste sein. An Tresen und einigen Tischen, die an der Wand entlang stehen, sitzen Chinesen beim Frühstücken und Zeitunglesen. Die Auswahl an Gebäck in den Regalen und Vitrinen ist überwältigend.
Ich folge einer Empfehlung und probiere eine Egg Custard Tart, Geschmacksrichtung „Green Tea“ (1,50 Dollar). Sie hat einen knusprigen Teig mit einer süßlichen, ganz leicht Tee-bitteren Eigelb-Füllung, die gerade so fest ist, dass sie beim Anbeißen nicht davon fließt. Was für ein wunderbarer Start in den Tag.
Tai Pan
Adresse: 194 Canal Street, zwischen Mott und Mullberry Street
geöffnet ab: 7:00 Uhr
Steamed Pumpkin Buns – Golden Steamer
Für den zweiten Teil des Frühstücks gehen wir ein paar Ecken weiter zu „Golden Steamer“. Der Laden mit dem etwas seltsamen Namen ist so klein, dass er noch nicht einmal eine eigene Website hat. Neben ein paar anderen Sachen verkauft Golden Steamer hauptsächlich „Steamed Buns“, die unseren Dampfnudeln recht ähnlich sind und herrlich schmecken: luftiger, gedämpfter Hefeteig mit einer süßen oder herzhaften, cremigen Füllung.
Ich habe einen Steamed Pumpkin Bun und einen Salted Egg Bun probiert. Die Kürbis-Füllung schmeckt sehr würzig und intensiv nach Kürbis, die Eigelb-Füllung ist wunderbar cremig und nur leicht salzig.
Golden Steamer
Adresse: 143a Mott Street, zwischen Hester und Grand Street
geöffnet ab: 7:00 Uhr
Hühnerfüße und Meeresfrüchte – New York Marts
Nach dem Frühstück in den beiden Bäckereien legen wir eine Essenspause ein und stecken neugierig die Nase in einen chinesischen Lebensmittelmarkt gleich gegenüber von Golden Steamer: New York Marts ist leicht zu erkennen an den in der Außenwand des Hauses eingelassenen Wasserbecken mit lebenden Fischen und Meeresfrüchten.
Besonders sauber und ordentlich ist der Laden nicht – aber wir wollen ja auch nur schauen und nichts kaufen. Von außen wirkt die Markthalle kleiner, als sie tatsächlich ist. Neben frischem Gemüse, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten gibt es auch ganze, geröstete Enten, Gänse und Schweinerippchen. Im zweiten Teil des Geschäfts sind die Regale überladen mit allen möglichen Waren, bei denen man teils nicht einmal erraten kann, was die Packungen enthalten. Stöbern und entdecken macht da richtig Spaß.
New York Marts
Adresse: 128 Mott Street, zwischen Hester und Grand Street
geöffnet ab: 7:30 Uhr
Eastern States Buddhist Temple of America
Nur ein paar Häuser weiter fügt sich unauffällig in die Fassade ein kleiner, buddhistischer Tempel ein. Es lohnt sich, hier für ein paar Minuten eine Pause einzulegen, einen Dollar für einen Glückskeks-Spruch zu spenden und ein paar Räucherstäbchen anzuzünden. In dem kleinen Tempel gibt es auch einen Shop, wo man authentischere Souvenirs findet als in den touristischen Souvenir-Läden an der Canal Street.
Eastern States Buddhist Temple of America
Adresse: 64 Mott Street, zwischen Canal und Bayard Street
geöffnet ab: 7:30 Uhr
Jing Fong Restaurant – unser Geheimtipp
Gleich um die Ecke liegt in der ersten Etage das Restaurant Jing Fong, das uns bei unserem ersten Besuch dort vor einigen Jahren überrascht, beeindruckt, umgehauen hat. Der Eingang ist unscheinbar, doch wenn man zur Mittagszeit kommt, ahnt man, dass hier etwas Besonderes ist: Die Leute stehen nämlich Schlange bis auf die Straße hinaus. Umso erstaunlicher ist das, wenn man weiß, dass das Restaurant geschätzt rund 800 Plätze hat. Unsere Empfehlung deshalb: auf jeden Fall vor 11:30 Uhr hier sein …
In einem klapprigen Aufzug geht es in den ersten Stock. Dort öffnet sich die Tür zu einem riesigen Speisesaal mit runden Achter-Tischen. Ganz normal ist, dass der Kellner einen an einen Tisch zusammen mit anderen Gästen platziert.
Die exotischeren Gerichte werden an Live-Cooking-Stationen entlang der Wand zubereitet. Dim Sum, gebratener Reis, Gemüse, Süßspeisen und alle möglichen anderen Gerichte bringen die Kellnerinnen mit Servierwagen an den Tisch. Die Speisekarte am Tisch dient nur zur Information über die Preise. Denn man lässt sich von den Servierwären einfach geben, worauf man Lust hat.
Englisch spricht hier kaum jemand und die weitaus größte Zahl der Gäste sind Chinesen. Die Auswahl der Gerichte erfolgt also ein wenig nach gut Glück, denn die Kellnerinnen können meist nicht auf Englisch erklären, was auf den Tellern und in den Dämpfkörbchen ist.
Auf einer länglichen, weißen Karte stempeln die Kellnerinnen entsprechende Einträge ab, sodass später noch klar ist, was man alles gegessen hat. Getränke bestellt man übrigens nicht: Eine Kanne Grüntee kommt automatisch an den Tisch, Gedeck inklusive Tee kostet pro Person 1 Dollar.
Nicht zu vergessen: Das Essen ist exzellent. Aber damit ist auch die Versuchung immens, immer noch etwas und noch etwas zu probieren. Sich hier komplett satt zu essen, wäre schade, denn auf unserer Food-Tour warten noch ein paar feine Leckereien …
Wenn man zahlen will, winkt man mit der Karte einem Keller in orangefarbener Weste. Er heftet eine Rechnung an die Karte, mit der man dann an der Kasse am Ausgang bezahlt. Die Gerichte kosten meist im Bereich von 3,50 Dollar. Für 15 Dollar kann man sich also schon richtig satt essen.
Noch ein Tipp zum Trinkgeld: Auf der Rechnung sind die empfohlenen Beträge praktischerweise schon ausgerechnet. Stilecht klemmt man das Trinkgeld im Jing Fong unter den Deckel der Teekanne.
Jing Fong
Adresse: 20 Elizabeth Street, zwischen Canal und Bayard Street
geöffnet ab: 10:00 Uhr
Litschi-Lavendel-Eiscreme – Chinatown Ice Cream Factory
Chinatown und Eiscreme passen auf den ersten Blick nicht so recht zusammen. Aber neben klassischen Eissorten kann man hier richtig Exotisches probieren wie etwa Litschi-Lavendel, Wasabi, Ingwer, Pandan-Blätter oder Durian-Frucht.
Allerdings kostet die kleinste Portion – die überaus reichlich ist – stolze 5 Dollar. Deshalb sollte man sich erst einmal von einigen Sorten kleine Probier-Löffelchen geben lassen, wenn man mehr als nur eine Sorte schmecken will.
Das Eis ist sehr gut, aber nicht herausragend. Reizvoll sind deshalb vor allem die ungewöhnlichen Sorten, die man sonst nicht bekommt.
Chinatown Ice Cream Factory
Adresse: 65 Bayard Street, zwischen Elizabeth und Mott Street
geöffnet ab: 11:00 Uhr
Columbus Park
Statt irgendwo am Straßenrand das Eis zu essen, bietet sich der nahe gelegene Columbus Park zwei Straßenzüge weiter an. Hier gibt es genug schattige Parkbänke zum Eis essen und Blicke schweifen lassen.
Denn der Park ist auch an sich reizvoll: Chinesen sitzen in Gruppen zusammen an Tischen und spielen Karten oder Mahjong. Auf den Parkbänken halten sie ein Nickerchen oder lesen Zeitung. Chinesische Straßenmusiker verdienen sich ein paar Münzen.
In dem Gebäude am Rand des Columbus Parks gibt es übrigens öffentliche Toiletten.
Columbus Park
Adresse: 67 Mullberry Street, entlang der Mullberry Street zwischen Bayard und Worth Street
Mahayana Buddhist Temple
Auf dem Weg zum letzten Sightseeing-Stopp auf der Tour machen wir einen kleinen Umweg durch die Pell Street und Doyer Street – die beiden Gassen gelten als besonders „typisch Chinatown“, sind daher aber auch relativ touristisch geprägt. Ein paar Meter Umweg sind sie aber allemal wert.
Ziel ist der Mahayana Buddhisten-Tempel mit der größten Buddha-Statue der Stadt. Erneut gegen eine Spende von 1 Dollar gibt’s einen Glückskeks-Spruch und Zugang zum Hauptraum des Tempels mit der knapp fünf Meter hohen Statue.
Auch in diesem Tempel gibt es einen Shop. Anders als beim Eastern States Buddhist Temple of America in der Mott Street gibt es hier vor allem höherwertige Kunstgegenstände und religiösen Schmuck.
Mahayana Buddhist Temple
Adresse: 133 Canal Street, an der Kreuzung Canal Street und Bowery
Peking Duck Pancakes – Vanessa’s Dumpling House
Die Pause im Columbus Park und die Tempel-Besichtigung haben im Magen wieder etwas Platz geschaffen für den krönenden Abschluss der Food-Tour durch Chinatown: den Peking-Enten-Pfannkuchen in Vanessa’s Dumpling House.
Das Lokal ist kein Geheimtipp, steht seit Jahren in allen Reiseführern – und dennoch ist es sehr empfehlenswert, weil die Preise trotz der vielen Touristen günstig und vor allem die Qualität des Essens exzellent geblieben sind.
Die für Chinatown so typischen Fried Dumplings – so etwas wie gefüllte, frittiere Teigtaschen – haben wir auf der Food-Tour noch nicht gegessen, also probieren wir die hier zuerst.
Denn damit ist Vanessa eigentlich bekannt geworden. Fried Dumplings gibt es in Chinatown zwar an jeder Ecke, oft aber vor Fett triefend und geschmacklich eher mittelmäßig. Hier sind sie außen knusprig, innen würzig und zart. Vier Stück der sehr empfehlenswerten Chive & Pork Dumplings kosten 1,50 Dollar.
Der Höhepunkt aber sind die Peking-Enten-Pancakes. Mit 3,50 Dollar ist es die mit Abstand günstigste Gelegenheit, Peking-Ente zu probieren. Denn im Restaurant wird diese Köstlichkeit typischerweise als ganze Ente verkauft, teuer und selbst für zwei Personen kaum zu schaffen.
Wobei „Pfannkuchen“ die Sache nicht richtig trifft. Der Pancake erinnert eher an ein Fladenbrot, wird aber frisch in schwimmendem Fett herausgebacken, bis er außen knusprig ist. Aufgeschnitten, mit zarten Peking-Enten-Stücken und Gemüse gefüllt sind diese „Pancakes“ einfach himmlisch.
Wer einen der wenigen Tische bei Vanessa’s ergattert, isst gleich dort. Ansonsten gibt es eine Straße weiter im Sara D. Roosevelt Park einige Parkbänke. Der Park wirkt nicht sehr vertrauenserweckend, ist aber sicher und ungefährlich.
Vanessa’s Dumpling House
Adresse: 118 Eldridge Street, zwischen Grand und Broome Street
geöffnet ab: 11:00 Uhr
Für den Rückweg in die Stadt laufen wir von hier aus die Eldridge Street einen Block weiter, dann rechts auf die Delancey Street und vier Blocks bis zur Metro-Station Delancey/Essex Street.
New Yorks Chinatown
Während der Food-Tour kommen wir natürlich nebenbei auch durch viele Straßen Chinatowns, können das besondere Flair dieses Stadtteils New Yorks aufsaugen, den Blick schweifen lassen, die angenehmen und weniger angenehmen Gerüche aus den Läden und von der Straße in die Nase steigen lassen.
New Yorks Chinatown erstreckt sich nur über wenige Straßenzüge, das Erlebnis ist dafür aber umso intensiver. 90.000 bis 100.000 Menschen chinesischer Abstammung leben hier. Vor allem in den Seitenstraßen sieht man mit Ausnahme einiger verirrter Touristen kaum westliche Gesichter. Obwohl viele Familien hier schon seit mehreren Generationen leben, habe auf meiner Food-Tour viele Menschen getroffen, die kaum ein Wort Englisch verstehen oder sprechen. Im Lebensmittelmarkt sollte man schon chinesische Schriftzeichen lesen können, um sicher zu sein, was man eigentlich einkauft.
Besondere Vorsicht sollte man beim Fotografieren walten lassen. Weil hier viel illegale Einwanderer leben, lassen sich die Menschen nicht gerne knipsen. In jedem Fall sollte man vorher fragen und wenn die Antwort „no photo“ oder auch nur ein peinlich berührtes, etwas verkrampftes Lachen ist, dann besser kein Foto machen.
Geheimtipps zu Essen und Restaurants in New Yorks Chinatown?
Wir sind gespannt, wie Euch unsere Food-Tour gefällt und freuen uns, wenn Ihr uns schreibt oder den Beitrag kommentiert, wenn Ihr die Tour gemacht habt oder eigene Geheimtipps für besonderes Essen und Restaurants in New Yorks Chinatown habt …